Dieser Post ist Teil der Serie „Alltagsschnipsel”. Diese basiert auf der „21 days of writing journey” von Mike Dooley aka. the Universe talks bei der jeden Tag ein neues Stichwort zum Nachdenken und Schreiben einlädt. Diesmal geht es um Commitment.
Courage
– „Courage” by Villagers
It’s a feeling like no other, let me tell you, yeah
Courage
In harmony with something other than your ego
Courage
The sweet belief of knowing nothing comes for free.
Do you really wanna know,
About these lines on my face?
Well, each and everyone is testament to
All the mistakes I’ve had to make …
To find courage.
In diesem Artikel geht es um die Überwidnung und den Mut, die man aufbringen muss, darf, kann … um sich der Welt zu zeigen. Mit seinem Gesicht, seiner Stimme, seinen Meinungen, seinen Ängsten, Wünschen, Ideen. Mit seinen Texten, seinen Songs, was auch immer es sein mag, das man der Welt zu schenken hat. Und ja man, it’s fucking scary sometimes.
Die anderen
Was werden die anderen sagen? Was werden sie denken, was sie nicht sagen? Die anderen. Wer ist das überhaupt? Die anderen können Fremde sein. Völlig Unbekannte, die wir nicht kennen und die uns auch nicht kennen. Das ist einerseits gruselig, eben weil wir keine Ahnung haben, mit wem wir es zu tun haben, andererseits bietet uns eben diese Unbekanntheit auch eine tolle Chance: Vor Fremden stehen wir als unbeschriebenes Blatt da und können uns als die Person neu erfinden, die wir sein wollen. Das geht mit den anderen „anderen” manchmal nicht ganz so gut. Diese anderen „anderen” sind keine Fremden, sondern Bekannte, Freunde, die Familie … Menschen, die uns früher kannten und glauben, uns immer noch zu kennen. Vor diesen haben wir unter anderem damit zu tun, die „neuen” Anteile und Facetten unseres Selbst zu validieren. Für unsere Eltern bleiben wir immer die Kinder. Viele Eltern, so gut sie auch darin sind, ihre Kinder als Erwachsene zu akzeptieren und ihnen nicht ständig in alles reinzureden 😉 sagen das sogar selbst: „Für mich bist du immer meine Kleine … ” <3
Auch den alten Klassenkameraden beim 20-jährigen Abi-Jubiläum (OMG, sind wir wirklich schon so alt?!) zu verlickern, dass man nicht mehr die gleiche ist, wie damals, grenzt an Unmöglichkeit. Da ist man nun „plötzlich” Meditationslehrerin, raucht nicht mehr und erzählt was von Selbstliebe … Das clasht mit den Vorstellungen von früher. Solche Veränderungen können schon mal auf Skepsis und Ablehnung stoßen und das fühlt sich nicht gut an.
Weil wir uns nun mal wünschen, von anderen anerkannt zu werden. Das ist wahrscheinlich total menschlich und irgendwie evolutionär bedingt, weil wir in der Gruppe gegen Mammuts, Wölfe, Kälte und Hunger bessere Überlebenschancen hatten als allein. Wenn die Anerkennung der anderen ausbleibt, diese Erwartung enttäuscht wird, dann tut das weh. Daher die Angst, sich zu zeigen.
Nur wer sich zeigt, kann etwas bewegen und verändern
Deshalb kann es unter Umständen leichter sein, mit seiner Kunst, seinem Angebot, seinen Gedanken, seiner Message, raus in die Welt zu gehen. So richtig raus, dorthin, wo einen keiner kennt. Denn nur, wenn wir uns raus trauen, besteht die reelle Chance, dass wir von den Menschen gefunden werden, die sich für das interssieren, was wir tun und sagen. Nur so können wir etwas verändern und bewirken.
Wenn wir uns nicht raustrauen, bleibt der Kreis derer, die von uns hören, sehr klein. Teilweise folgen uns dann nämlich nur Freunde und Familie. Und das auch eher aus Liebe, denn aus echtem Interesse. Wobei noch nicht mal das gilt. Meine Schwester interessiert sich z.B. nicht die Bohne für das, was ich – abseits von unseren Familien-Aktivitäten – tue und was mich bewegt. Anfangs habe ich das sehr persönlich genommen und es hat mich verletzt. Inzwischen kann ich besser damit umgehen. Zumal ich ja niemanden zuschwafeln, sondern genau die Menschen erreicheichen möchte, für die mein Tun einen Mehrwert beinhaltet.
Alles nur Projektion?
So wie ich ich mich von meiner Schwester abgelehnt gefühlt habe – ohne dass ich das mit Sicherheit weiss –, kann es übrigens gut sein, dass die Angst vor Ablehnung, deretwegen wir uns überhaupt überwinden müssen, uns zu zeigen, auf einer reinen Projektion und auf unbegründeten Annahmen basiert. Vielleicht ist alles viel einfacher. Vielleicht könnten wir uns auch einfach immer ganz offen, frei und unbedarft trauen, alles zu tun, zu sagen, zu sein, was wir wollen. Honestly: wen interessiert es denn eigentlich länger als 5 Minuten, was irgendjemand anders macht? Klar, es gibt ein paar Kandidaten, die immerzu lästern und urteilen. Aber erstens sind das gar nicht so viele, wie man meint und zweitens: selbst wenn? Sollte uns das wirklich davon abhalten, zu sein, wer wir sind, zu tun, was wir lieben? Ich sage: Auf keinen Fall.
The four agreements
Jedem und jeder, der/die mit solchen Gedanken zu tun hat, empfehle ich unbedingt die Lektüre des Buches „The four agreements” von Don Miguel Ruiz. Darin geht es um vier Annahmen, die, wenn wir sie verinnerlichen, uns das Leben mit uns selbst und mit anderen sehr viel leichter machen.
Nichts persönlich nehmen
Einer dieser Punkte ist: „Don’t take anything personally”. Weil nichts, was jemand tut, etwas mit dir persönlich zu tun hat. Jeder und jede lebt in seiner und ihrer Blase und ist mit ganz eigenen Dingen beschäftigt. Das bedeutet, dass selbst, wenn jemand dich übel beschimpft, du davon ausgehen kannst, dass ihre Wut und ihr Hass eigentlich mit ihnen selbst zu tun hat und nicht mit dir.
Ziehe keine voreiligen Schlüsse
Ein weiterer Punkt in dem Buch lautet „Don’t make assumptions”, was so viel bedeutet wie, dass man keine Vermutungen anstellen, keine voreiligen Schlüsse ziehen und diese als Wahrheiten bewerten soll. Wenn man sich mit etwas nicht sicher ist, dann soll man fragen. So beugt man Missverständnissen vor. Eigentlich ganz einfach, oder? Ich versuche tatsächlich danach zu leben und habe mir die four agreements daher auch ausgedruckt und in den Flur gehängt.

Es gelingt mir natürlich nicht immer, danach zu leben, aber doch inzwischen immer besser. Vielleicht hast du Lust, es auch selbst mal auszuprobieren: Versuch mal, nichts persönlich zu nehmen und nachzufragen, wenn du dir nicht sicher bist, anstatt deine Annahmen für die Wahrheit zu halten. Ich bin mir sicher, dass auch du überrascht sein wirst, wie viel einfacher die Dinge oft sind, als wir denken.
Passion over perfection. Steh zu deinen Leidenschaften!
Zurück zum Mut: Der war auch ein Thema, als ich vor inzwischen zwei Jahren diesen Blog gelauncht habe. Einerseits war ich total inspiriert und Feuer und Flamme und es stand für mich außer Frage, dass ich den „Publish”-Button wirklich klicke. Gleichzeitig hatte ich große Zweifel. „Es gibt schon so viele Blogs! Wer wird das überhaupt lesen wollen?” Ich hab’s trotzdem getan und schäme mich nicht einen Tag dafür.
Ein gutes Beispiel ist die Serie „Alltagsschnipsel”: Die Artikel, die hier erscheinen sind das Gegenteil von gut recherchiert. Es sind intuitive Texte, die ich meist in einem Rutsch schreibe ohne später noch viel daran zu ändern oder zu redigieren. Scheiß auf Perfektion!
Mit ihrem Stream of consciousness-Stil haben sie mehr was von öffentlichem Journaling oder Tagebuchschreiben. Sie werfen mehr Fragen auf, als dass sie Antworten geben. Und die Antworten, die ich gebe, sind rein subjektiv und Momentaufnahmen. Was ich hier teile, ist teilweise so intim und persönlich, dass ich mich schon mehr als einmal gefragt habe, ob ich damit nicht ein bisschen weit gehe … Meine Mutter hat mich das auch schon gefragt. Meine Antwort ist: Nein. Ich will hier wirklich absolut authentisch und ehrlich sein. Mir liegt nichts daran, irgendwas zurück zu halten. Da ist es egal, wenn irgendjemand das vielleicht peinlich und prätentiös findet. Wenn ich mich hier selbst zensieren würde, wäre es nicht mehr meins. Also fühlt es sich richtig an so.
Oder die Sache mit meinen Ukulele-Videos auf Instagram, die ich vor allem zu Beginn des Lockdowns gepostet habe um ein bisschen Spaß und Freude zu teilen. Auch hier war mein Motto „Pleasure and passion over perfection”. Könnte das nicht immer und überall unser aller Motto sein? Okay, außer vielleicht bei der Herzchirurgie … 😉
Authentizität ist Übungssachen
Ich persönlich habe festgestellt, dass ich mit fast allen – Fremden und Vertrauten – inzwischen echt ehrlich und authentisch bin und mich zeige, wie ich bin. Ich verschicke ständig völlig unfertige Versionen von Stücken, die ich auf der Ukulele spiele an meine Freunde, einfach weil ich so viel Freude daran habe und weiss, dass sie es auch schön finden oder sich zumindest amüsieren und ich ihnen damit ein Lächeln ins Gesicht zaubere.
Mit meinem Freund bin ich manchmal noch vorsichtig. Ich glaube, das liegt daran, dass es mir bei ihm einfach besonders wichtig ist, dass er mich gut findet 🙂 Hier steht irgendwie mehr auf dem Spiel. Auch wenn ich natürlich weiss, dass das eigentlich gerade die Beziehung ist, in der Ehrlichkeit geübt und kultiviert werden darf. Und deshalb tun wir es auch: wir reden über alles. Auch wenn es manchmal schwierig, unbequem, komisch, peinlich, verunsichernd, schmerzhaft oder eine Herausforderung fürs eigene Ego und mitunter auch – let’s be honest – einfach nur nervig und anstrengend ist, so ist es am Ende immer richtig gut. Denn durch diese ehrlichen Gespräche verstehen wir uns besser und lernen uns immer besser kennen. Und genau das suche ich in einer Beziehung.
Happy mit der relaxten Fuck it-Attitüde. Nicht immer, aber immer öfter.
Und so habe ich alles in allem inzwischen eine ziemlich relaxte Fuck-it-Attitüde gewonnen. Ich poste alles, ich singe und juble laut auf dem Fahrrad wenn mir danach ist, nach dem Laufen tanze ich auf der Straße, wenn der Song in meiner Playlist gerade so richtig gut ist und schere mich nicht um Passanten. Ich sage den Menschen, die ich toll finde und liebe, dass ich sie toll finde und liebe und halte mich da nicht zurück, um nicht zu sehr „in your face” zu sein.
Just do it. Why not?
Dennoch ist das Thema irgendwie fast allgegenwärtig. Fast jede/r scheint damit zu tun zu haben. Neulich habe ich zum Beispiel bei einem Netzwerk-Frühstück eine tolle Frau kennengelernt, die davon träumt einen Podcast zu starten, sich aber noch nicht ganz traut. Sie gibt nämlich nicht so gern so viel von sich preis und das hält sie zurück. Während sie mir von diesem Traum erzählte, konnte ich jedoch ganz eindeutig fühlen, wie viel Lust sie an diesem Gedanken hatte. Ihre Augen leuchteten und da war ganz viel neugierige Energie. Also habe ich ihr geraten, es einfach mal auszuprobieren. Just do it, verdammt!
Ich glaube nämlich ganz fest an eines: Wenn wir nicht wenigstens versuchen, unsere Träume zu verwirklichen, fliegen sie uns irgendwann als Frustration und Bedauern um die Ohren, dass es nur so knallt. Und mal ganz ehrlich: Why not? Was soll schon groß passieren? Der härteste Kritiker sind sowieso wir selbst und es gibt ganz bestimmt jemanden da draußen, den unsere Geschichte interessiert, jemanden, dem unsere Erfahrungen weiterhelfen.
Jede Stimme will gehört werden, wir alle sind aus einem bestimmten Grund hier auf der Welt und wir alle haben eine Botschaft und etwas zu geben und zu teilen.
And then do it again!
Um den Kreis noch zu schließen: In dem schönen Lied „Courage” von Villagers, das ich oben schon zitiert habe und das du dir hier unten anhören kannst, heißt es: „Do you really wanna know about these lines on my face? Well each and everyone is testament to all the mistakes I’ve had to make to find courage …”
Ja, wenn du dich traust, wirst du Fehler machen und das Leben wird dich zeichnen. Aber du wirst wieder aufstehen und sowieso: Es ist nie-nie-niemals besser, sich zurück zu halten und zu verstecken.
Und jetzt du: Was ist deine Botschaft?